Navigation überspringen

Prüfstand Bestandteile Text-Version

Prüfstandkonstruktion und -aufbau

Motorperipherie

Als Motorperipherie werden grundsätzlich alle Anbauteile oder Systeme verstanden, die im direkten Zusammenhang mit dem Motor stehen, aber über die Grundfunktionalitäten (Kurbeltrieb, Verbrennung) hinausgehen.


Ansauganlage

Die Versorgung des Motors mit Luft ist essentiell für die Verbrennung des Kraftstoffes. Hierzu gibt es viele verschiedene Konzepte, die darauf abzielen, Schwingungseffekte auszunutzen, eine gleichmäßige Luftverteilung auf die Zylinder und einen hohen Luftdruck unter Volllast sicherzustellen. Durch das 90° V der beiden Zylinder ergeben sich auch noch weitere bauliche Anforderungen. Die Ansaugbrücke (Verbund aus dem Sammelbehälter und den Saugrohren) muss ebenfalls die Einspritzanlage für den Kraftstoff aufnehmen. Die Einspritzventile sitzen dabei an den Saugrohren und spritzen einen kegelförmigen Strahl aus zerstäubtem Kraftstoff in die Einlasskanäle. Das erfordert Bohrungen und Aufnahmen für die Ventile. Die Einspritzleiste ist am Sammelbehälter befestigt. Zusätzlich sind für das Motorsteuergerät Sensoren für die Ansauglufttemperatur und den Saugrohrdruck nötig.

Die Kerngrößen zur Dimensionierung der Ansauganlage sind das Volumen des Sammelbehälters und die Länge sowie der Durchmesser der Saugrohre. Das Volumen sollte so ausgelegt werden, dass der Motor dieses unter Volllast nicht leersaugt. In diesem Fall liegt das Volumen bei ca. dem 4-fachen Hubvolumen, also ungefähr 2,5 Litern, da sich dieses Volumen bei dem noch verwendeten 4-Zylinder Motor bewährt hat. Es gibt bei einigen Fahrzeugen auch gegenteilige Auslegungen, diese erfordern allerdings viele Simulationen und Versuche. Die Länge der Saugrohre beeinflusst den Drehmomentverlauf, da durch die schließenden Einlassventile Schwingungen der Luft angeregt werden, mit denen in bestimmten Drehzahlbereichen der Gaswechsel verbessert werden kann, wodurch mehr Drehmoment generiert wird. Hier wurde die Länge, ebenfalls auf den Erfahrungen mit dem 4-Zylinder Motor basierend, mit ca. 230mm gewählt. Der Durchmesser ergibt sich zwangsläufig durch die Geometrie der Einlasskanäle und dem Wunsch eines konstanten Querschnittes und liegt bei 35mm.

Die Form des Sammelbehälters ist in modernen Fahrzeugen teilweise sehr komplex, um die Luftströmung günstig zu gestalten und um in das Fahrzeugpackage zu passen. Da hier keine Begrenzung des Bauraumes vorliegt und die Ansaugbrücke eine einfache Schweißkonstruktion sein soll, ist die Form auch möglichst einfach gehalten.

Abgasanlage

Im ersten Schritt wird noch die Serienabgasanlage aus dem zum Motor gehörenden Motorrad genutzt. Diese wird später für den Einsatz der Turbinen gegen eine Eigenentwicklung ausgetauscht. Hierauf wird in einem späteren Kapitel eingegangen.

Die einzige notwendige Anpassung an der Serienabgasanlage ist das Einbringen eines 90° Bogens, um zur Absauganlage des Prüfstandraums zu gelangen.

Zur Abgasanlage ist aber noch anzumerken, dass hier der Wunsch nach möglichst geringen Strömungswiderständen besteht, um den Abgasgegendruck gering zu halten. Ein hoher Abgasgegendruck würde dazu führen, dass die Kolben mehr Arbeit leisten müssen, um das Abgas aus dem Brennraum zu schieben. Diese Arbeit steht dann nicht mehr für die Antriebsleistung zur Verfügung.

Kühlsystem

Eine ausreichende Kühlung des Motors ist unabdingbar und besonders am Prüfstand eine speziellere Angelegenheit als im Fahrzeug, wo der Fahrtwind ein wichtiger Faktor ist. Außerdem ist es wünschenswert das Kühlwasser zu konditionieren, also auf gewünschte Temperaturen einzustellen.

Durch die Konditionierung des Kühlwassers ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten. Dazu zählt einmal die Bewertung der Verlustwärme, die über das Kühlwasser abgegeben wird, indem die Eingangstemperatur mittels eines Thermostats eingestellt wird und die Ausgangstemperatur gemessen wird. Eine weitere Möglichkeit ist eine Verbrauchsoptimierung, da die Kühlwassertemperatur ebenfalls einen Einfluss auf den Verbrauch hat. Dieser Einfluss entsteht dadurch, dass die Gemischbildung und die Verbrennung durch die Bauteiltemperaturen (z.B. Zylinder, Zylinderkopf) beeinflusst werden.

Das Kühlsystem am Motor wurde zusätzlich so modifiziert, dass die Kühlung des Öls durch einen separaten Öl-Wasser-Wärmetauscher mit einem zweiten Kühlwasserkreislauf erfolgt. Dieser stammt ebenfalls von einem Motorradmotor und wurde entsprechend adaptiert. Der zweite Kreislauf bietet die Möglichkeit das Öl auch zu konditionieren. Das wird aber nicht über ein Thermostat, sondern über eine elektrische, regelbare Wasserpumpe erreicht.

Die eigentliche Motorkühlung wurde auch angepasst, da das werkseitig verbaute Thermostat entfallen muss, um eine einwandfreie Arbeit des zur Konditionierung nachgerüsteten Thermostats sicherzustellen.

Der wichtigste Punkt ist aber die Abfuhr der Wärme aus dem Kühlwasser. Dazu wird es durch Plattenwärmetauscher geleitet (für jeden Kreislauf einen). Diese verfügen über zwei getrennte Strömungswege. In dem einen Weg ist das heiße Motorkühlwasser und im Anderen fließt Kühlwasser, das am Prüfstand zur Verfügung steht. Die Dimensionierung dieser Plattenwärmetauscher erfolgte anhand der vorgegebenen Kühlleistung. Auf den Erfahrungen und Berechnungen aus dem Fahrzeug beruhend wurde die Leistung mit 25kW für das Motorkühlwasser und 15kW für das Motoröl angegeben. Mit diesen Informationen wurde bei den Herstellern angefragt. Darauf basierend wurde ein Typ Plattenwärmetauscher für die Kühlsysteme vorgeschlagen und gewählt.

Kühlsystem schematisch
Kühlsystem schematisch

Kraftstoffsystem

Das Kraftstoffsystem sorgt dafür, dass das Benzin vom Tank in den Zylinder gelangt. Der Aufbau dieser Systeme ist im Normalfall sehr ähnlich zwischen Prüfstand und Fahrzeug. Das Benzin wird aus einem Tank angesaugt, gelangt von Pumpe zur Einspritzleiste und von dort aus in die einzelnen Zylinder. Zum Schutz der Kraftstoffpumpe und der Einspritzventile ist i.d.R. mindestens ein Filter verbaut, da sich in einem Kraftstofftank immer mehr oder weniger Große Partikel befinden, die die eigentliche Pumpeinheit und/ oder die Einspritzventile beschädigen oder verstopfen können. Das System teilt sich in den gerade beschriebenen Vorlauf und Rücklauf auf. Die Grenze wird dabei durch den Benzindruckregler gezogen, der den Druck im System in diesem Fall auf 5 bar regelt, indem der überschüssige Kraftstoff zum Tank (Fahrzeug) bzw. wieder vor die Kraftstoffpumpe (Prüfstand) zurückgeführt wird.

Die Dimensionierung der Einspritzventile und der Kraftstoffpumpe erfolgt nach der Maximalbedarfsberechnung des Motors an Kraftstoff. Dabei fiel die Wahl auf Einspritzventile mit 150 g/min Durchsatz bei 3 bar Druck. Bei 5 bar erhöht sich dieser nochmal auf knapp 194 g/min. Somit werden die Einspritzventile nicht an ihrer Grenze, sondern mit maximal ca. 70-80% Auslastung genutzt.

Die Kraftstoffpumpe ist mit 255 l/h (ca. 188 kg/h) eigentlich deutlich überdimensioniert, was aber daran liegt, dass es Pumpen mit so verhältnismäßig geringen Durchsätzen im Aftermarket Sektor kaum gibt und das Team davon noch einige auf Lager hat.

Ölsystem

Das Ölsystem des Motors wurde bis auf den zusätzlichen Öl-Wasser-Wärmetauscher nicht angepasst. Der ÖWWT soll nur die Möglichkeit bieten, das Öl besser zu konditionieren und einem eventuellen Überhitzen entgegen zu wirken.

Elektronik

Hier ist das Ziel alle Komponenten des Rennautos zuerst am Prüfstand abzubilden. Hierbei liegt aber ein besonderes Augenmerk auf der Datenerfassung und der Kommunikation, da dies im Prüfstandsprozess unerlässlich ist. Dies geschieht über einzelne Platinen bzw. Steuergeräte und einen eigens angefertigten Kabelbaum. Zur Bedienung des Prüfstandes haben wir ein eigenes Schaltpult konstruiert, mit dem man den Öffnungswinkel der Drossel steuern und verschiedene Pumpen und Geräte schalten kann. Zusätzlich können wir Daten direkt über ein CAN Bus Interface und Ethernet auslesen und aufzeichnen. Zur nachträglichen Analyse kommen dabei Daten von verschiedenen Sensoren wie Abgastemperaturen und -druck, Öldruck, Kurbelwinkelgebern, sowie auch Daten von Steuergeräten, wie zum Beispiel die Einspritzzeit und der Zündwinkel, zum tragen.